Wir waren wo: Parteisitzung der Satire-P.A.R.T.E.I.-Partei, 2015-04-20

Überblick

Bericht von der monatlichen Parteisitzung der Satire-Partei P.A.R.T.E.I , 20. April 2015. Anwesend waren 26 Leute, davon fünf Frauen.

Das wichtigste zuerst:

  • die P.A.R.T.E.I.-Partei tritt zu den Wienwahlen im Oktober an
  • die Partei hat einen Spitzenkandidaten für die ÖH-Wahlen
  • trotz fünf Anzeigen wegen Wiederbetätigung („Hi Hintner“) Gelassenheit in der Stabsleitung

Dieser Verfasser kannte Politik ausschließlich von Organisationen wie Europa Anders und Wien Andas [sic], daher mutete ihm die Sitzung zunächst fremdartig an, geradezu grotesk. Unter der Moderation von Rambobambi trugen zunächst jene Teilnehmer vor, die Material vorbereitet hatten. (Diese Phase überspringen linkslinke Organisationen.)

Hintner deklamierte aus dem Gedächtnis und freute sich sichtlich über den Skandal, den es am Sonntag beim P.E.G.I.D.A.-Protest wegen „Hi Hintner“ gegeben hatte. Lautsprecher, der Zentralschaffer der Partei, und Jonathan, der neue Spitzenkandidat für die ÖH-Wahl, lasen vom Blatt. Es folgten spontane Ergänzungen von Parteigängern, die nichts vorbereitet hatten. (Bei linkslinken Parteien die längste Phase.) Die einzelnen Ausführungen dauerten zwischen zwei und fünf Minuten. In dieser Zeit schwieg das Publikum. Wer auch etwas sagen oder einwenden wollte, hob einfach die Hand, Hintner und Rambobambi merkten sich diese stummen Meldungen und erteilten nach dem Schluss des Sprechers der Reihe nach das Wort. Zwischen manchen Ansprachen entstanden beklemmende Pausen, in denen die Teilnehmer einander freundlich anblickten, jeder offenbar in der Erwartung, dass noch andere in der Runde etwas Interessantes sagen wollten. Über Frauen und Frauenpolitik wurde nicht gesprochen, weil es nicht mit laufenden Propagandabelangen zu tun hatte.

Für die Piratenpartei wäre es unerhört: Erwiderungen gab es kaum; die einzelnen Ergänzungen und Korrekturen wurden wohlwollend zur Kenntnis genommen; es gab keine sichtbaren Anzeichen von Gewalt.

Wiederbetätigung

Das erste Thema war natürlich der Skandal um die Namensähnlichkeit zwischen „Hintner“ und „Hitler“. Zur Erinnerung: am Vortag, am Sonntag bei der P.E.G.I.D.A.-Demo, waren fünf Partei-Operative von Polizisten wegen Wiederbetätigung angezeigt worden. Das Missverständnis: die Parteigänger hatten einander am Demo-Treffpunkt mit „Hi Hintner“ begrüßt, mit dem offiziellen Gruß im Namen des Parteigötzen und Generalsekretärs. Und so kam es, wie es kommen musste: in den Ohren der Demo-Gestapo klang „Hi“ so ähnlich wie „Heil“ und „Hintner“ so ähnlich wie „Hitler“, also Heilhitler, also Anzeige.

Hintner selbst ist vom Skandal nicht direkt betroffen, weil er sich nicht selbst begrüßt hat. Hintner wies auf das Kommunikationsproblem hin und erklärte seine Überraschung und Freude darüber, dass die Polizei endlich mal wen auf einer P.E.G.I.D.A.-Demo wegen Hitler angezeigt hat, wenngleich der Verfassungsschutz beim ersten Mal die Falschen erwischt habe, aber der Anfang sei gemacht. Das Missverständnis würde vom Parteijuristen eingerenkt werden, der bereits an der Sache dran sei.

Im Partei-Facebook haben sich die neuen „Likes“ verfünffacht; unter den neuen Freundlingen sind sogar Skeptiker und Gegner des Andenkens an Adolf Hitler, welcher am Tag der Veranstaltung zufällig den 126. Geburtstag hatte.

Hintner ermunterte seine Schar ausdrücklich, sich durch den Vorfall die Freude am „Hi Hintner“ nicht nehmen zu lassen, denn das sei Musik in seinen Ohren.

A propos Hitler. Der 20. April ist auch Weltkiffertag, daher rauchten im Angedenken an Bob Marley Tröten und Köpfe, wobei der Verfasser, obwohl kein Parteigänger, mit gutem Beispiel voranging. Die meisten Parteimenschen begnügten sich mit Dosenbier, hohen Dosen.

Der Spitzenkandidat für die ÖH-Wahl „steht“

Die Festansprache von ÖH-Spitzenkandidat Jonathan kam gut an, besonders der Schluss.

Ich stehe für nichts, da ich lieber sitze, am liebsten in einem Parlament, denn dort gibt es kalte Getränke gratis!

[Tosender Applaus.]

Die Prozente bei der ÖH-Wahl dienen in erster Linie der Erweiterung der Partei-Territorialität. Die Bestimmungen für die Studentenvertretungen sehen für geschickte Opportunisten vor, dass Wahlgewinnler bei ausreichender Punktezahl gratis Hörsäle für Veranstaltungen nutzen dürfen, gratis kopieren und drucken dürfen, gratis Pressemeldungen in die APA stopfen dürfen. Bei extra Wahlprozenten winkt als Bonus ein Gratisbüro. Ein Spitzenkandidat ist kein schlechter Anfang für so eine Eroberung.

Lautsprecher verlas seine Vorstellungen vom ÖH-Wahlkampf — eine sehr aggressive und ehrgeizige Angelegenheit unter dem Arbeitstitel „Köpfen statt Themen“ und unter dem Motto „Keine P.E.G.I.D.A. ohne uns!“. Weitere ÖH-Themen:

  • Harte Linie: P.A.R.T.E.I. ist Partei der extremen Mitte
  • Österreich wird „Volksrepublik Österreich“, abgekürzt „Vöst“; die gleichnamige Firma wird auf Unterlassung geklagt, so kommt ein Geld ins Haus
  • Bekämpfung von Weltuntergang und Kulturverfall
  • Wir geben nach, aber nur für Geld

Bis auf weiteres keine Presseaussendungen

Es folgte die Moderatorin selbst, mit einem Status-Bericht aus der Künette der Propagandafront. Rambobambi erklärte, die Partei habe noch keine Pressemeldungen verschickt, aber es sei noch nicht notwendig gewesen, weil sich die Medien von ganz alleine für die Partei interessierten. Es habe ein Foto-Shooting für ein doppelseitiges Porträt von Hintner im Biber gegeben; der Artikel in VICE sei im Verlauf des Tages erschienen; und man habe sich mit einem Anrufer von der Krone zu einem Treffen verabredet.

Die Zukunft

Nach einer Reihe von Ideen und Ergänzungen und Fragen zu den Ideen und Ergänzungen las Lautsprecher den Veranstaltungskalender vor und erklärte kurz die Vorhaben zu den einzelnen Gelegenheiten für Aktionismus im weitesten Sinn:

  • Zum Zwecke der Demokratieförderung hat Lautsprecher beim Betreiber von http://wahlkabine.at erfolgreich reklamiert, dass die P.A.R.T.E.I. in die Bingo-Auswahl der zu erknobelnden Parteien aufgenommen werde; nun galt es, diesen Wahlbingocomputer auch mit Polit-Junk zu füttern
  • Die nächste Veranstaltung ist die Esoterikmesse; verschwörungstheoretische Weiterbildung der Bevölkerung durch Aufmarsch der P.A.R.T.E.I.-Stanniolmützen; so soll gewährleistet sein, dass die Gedanken und Empfindungen in den Köpfen der Österreicherinnen und Österreicher tatsächlich die der jeweiligen Urheber sind und nicht durch Dritte manipuliert werden
  • Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, darf die Partei der Geistesarbeiter natürlich nicht fehlen; Lautsprecher wies auf die Gelegenheit hin, alten Trödel von früheren Kundgebungen wieder einmal zu amortisieren
  • Für den Hanfwandertag hat die P.A.R.T.E.I. nichts geplant; Lautsprecher erklärte aber, dass einige Parteigänger die Veranstaltung in Zivil unterwandern würden

Rambobambi ermunterte zur logistischen Mitarbeit — Requisiten transportieren, Stände aufbauen — und erinnerte an die Kontakt-E-Mail-Adressen und an den Facebook-Kalender.

Schluss

Die Sitzung war offiziell geschlossen. Nach Absingen der Partei-Hymne herrschte auf Anweisung von Rambobambi „munteres Treiben“. Damit verwandelte sich der Veranstaltungsort von der Parteizentrale in eine Punkerbude unter einem Stadtbahnbogen — mit Musik vom Computer und Filterkaffee aus dem Dritteweltladen. Zwei Streber krallten sich Alufolie aus der Kochnische und begannen mit der Formung von satirischen Kopfbedeckungen für den Protest auf der Esoterikmesse.

Wir waren schon vorher bei der P.A.R.T.E.I.:

Ganz andersartige Auftritte liefert die Piratenpartei: Landesgeneralversammlung der Wiener Piraten, 2015-04-17

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