Unterwanderung bei den Piraten

von bbirke, am 22. Sept 2014 im Heise-Forum

Man ist einfach die unterwandernde, radikale Sekte nicht losgeworden

Man hat es eben nicht geschafft, sich von den sektiererischen Unterwanderern abzugrenzen, die durch ein relativ geschlossenes Auftreten und hohe Aggressivität zu einer großen Macht innerhalb der Partei gekommen sind und zumindest bis zum Ende ihre Leute in Posten
mit guter Bezahlung bringen konnten – zuletzt Julia Reda in der Europawahl – obwohl die Piraten gerade bei dieser Wahl durch die Kandidatenliste nach dem #Bombergate für einen Großteil ihrer Klientel unwählbar geworden waren. Bleibt abzuwarten, ob die ewigen Streitereien auch unter dem „konservativen“ Vorstand weiter gehen, wenn man es schafft, sich von bestimmten Kreisen abzugrenzen.

Ich habe die Hoffnung aufgegeben, als man sich nach der Wahl im Juni nicht von den radikalen Sektierern trennte. Es mag gut gemeint gewesen sein, es mit ihnen nochmal zu versuchen, aber es war naiv, und man wollte einfach nicht wahrhaben, womit man es zu tun hatte.

Das, was sich bei den Piraten an Extremisten festgesetzt hat, kann man teilweise nicht einfach nur als „linken Flügel“ bezeichnen. Vielmehr handelt es sich scheinbar bei dem, was oft als „Peergroup“, „Pirantifa“ und „Gender-Extremistinnen“ bezeichnet und hauptsächlich in Berlin verortet wurde, bei dem, was sich zuletzt in der „Progressiven Plattform“ organisierte, wohl nicht einfach nur um lose Personenkreise mit extrem linken, „autonomen“, antideutschen oder feministischen Ansichten.

Vielmehr fallen dort Sprachcodes auf, die allgemein kaum zu verstehen sind, etwa immer bizarrere Ismen: wer kennt z.B. Wörter wie „Ableismus“? Der Begriff „progressiv“ wird von marxistischen Gruppierungen traditionell für Personen oder Gruppen verwendet, die als dem eigenen Machtanspruch zuträglich empfunden werden. Ein ebenfalls in ungewöhnlicher Bedeutung verwendeter Begriff ist „Bildung“, im politischen Kontext: Er suggeriert, dass man sich bei den typischen, dogmatisch vertretenen „Links“-Positionen im Besitz einer absoluten Wahrheit, wie beim Ergebnis einer mathematischen Gleichung, glaubt; dass jemand, der etwas anderes oder entgegengesetztes vertritt, entweder dumm und ungebildet, oder aber böswillig ist. Erkennbar ist diese Verwendung u.a. in Beiträgen von O.Höfinghoff (1) und Hollarius (2). Ähnlich wurde in der Piratenpartei durch diese Leute auch immer wieder der Begriff „unpolitisch“ für Personenkreise verwendet, die in wesentlichen Dingen entgegengesetzte Positionen vertraten. Offenbar wollte man diese Personen nicht direkt verschrecken, indem man sie sofort ins Freund-Feind-Raster einordnete, das nur zuträgliche, „progressive“ Kräfte und auf der anderen Seite „Reaktionäre“, „Nazis“ und „Faschos“ kennt. Die Aggressivität und letztlich Kompromisslosigkeit, mit der diese Leute ihre Positionen und Machtansprüche, auch innerhalb der Piraten vertreten, gibt ihnen eine fragwürdige Qualität, über reinen „Linksradikalismus“ hinaus.

Gerne sprechen Vertreter dieser Richtung auch mal ihre Genossen mit „wir“ an (3). Und die „Progressive Plattform“ dient mit ihren Eintrittsbeschränkungen, dem Bürgen- und Vetosystem, offenbar dazu, eine Gruppe mit geschlossener politischer Richtung zu schaffen, und zwar genau jener Richtung, die bei den Piraten zuletzt auf so viel Kritik gestoßen war und bei der Bundesvorstandswahl einen fetten Dämpfer bekommen hat. Und bestimmte Artikel (4) deuten darauf hin, dass möglicher Weise trotzkistische Gruppen oder andere, geschlossen auftretende, linksradikale Sektierer die Partei geplant unterwanderten, ebenso Äußerungen von Mitarbeiterinnen des „Antideutschen“-Organs „Jungle World“.

Freilich sind diese Kreise aggressiv gegen jede Kritik und Nichtunterordnung unter ihren Machtanspruch. Hollarius etwa nennt als zwingende „Voraussetzungen“ für eine Versöhnung die bedingungslose Abgrenzung von Begriffen wie „Ministalinist“ oder „Linksfaschist“ – ohne auch nur einen Deut auf das Verhalten aus dem eigenen Lager einzugehen, das zu derartigen Titulierungen führte, oder entsprechende Titulierungen von -innerparteilichen- Gegnern als „Revisionisten“ und „Nazis“, wie sie etwa während des #bombergate an der Tagesordnung waren. Er will dogmatisch den Extremismusbegriff und die „Hufeisentheorie“ vom linken und rechten Extremismus verbannen – offensichtlich in einer klaren Ablehnung objektiver Wertmaßstäbe, die konkretes Handeln (z.B. Gewalttaten, politische Terrorsysteme) bewerten. Stattdessen eine Bewertung politischer Gewalt vor allem danach, inwieweit sie der eigenen Ideologie und dem eigenen Machtanspruch zuträglich ist – vom Gegner wird sie unendlich verdammt, selbst will man sich aber alles herausnehmen dürfen und dabei noch Immunität gegen Kritik genießen. (2)

Die sprachlichen Besonderheiten sind kein endgültiger Beweis, aber die Indizien legen nahe, dass hier ein relativ geschlossenes Netzwerk bei der Arbeit ist, das es geschafft hat, bei den Piraten lange die eigenen Leute in Machtpositionen zu halten und das mit der ursprünglichen, überwiegend liberalen Netzpartei eigentlich gar nichts zu tun hat, sondern das eher linksautoritären und -totalitären Positionen nahesteht (auch lose organisierte, politische Haufen, die sich einig sind, wem sie was abfackeln oder aufs Maul hauen wollen, sind autoritär, dazu bedarf es keiner formalen Hierarchien!). Sollten es Trotzkisten sein, die klassisch für „Entrismus“ in anderen Organisationen bekannt sind, sei daran erinnert, dass Leo Trotzki ein Mitträger der schlimmsten totalitären Gewaltherrschaft in der entstehenden Sowjetunion war, bis er schließlich seinem Konkurrenten Stalin unterlegen war.


(1) http://piratenstadt.net/statement-zur-keinzellfallkonferenz-beteiligung-einer-person-mit-rechter-vergangenheit/
(2) https://hollarius.wordpress.com/category/piraten/
(3) http://kpeterl.wordpress.com/2014/07/01/der-abpt-die-foyerpiraten-und-der-ganze-rest/
(4) http://peira.org/radikale-linke-und-piratenpartei/

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