Wir waren wo — Sesselkreis Wien Andas [sic] — 2015-04-23

Faithless, der Landesvorständer der Wiener Piratenpartei, lobte neulich seine Bündnis-Homeys mit den Worten „Auf den Bezirkstreffen von Wien Andas [sic] geht echt was weiter“. Diesem Urteil misstraute der Verfasser, denn etwas weiterzubringen ist nicht gerade eine Stärke von Gender-Klubs wie es Piratenpartei und KPÖ nun mal sind.

Borart

Kunst der Langeweile von luxperpetua


Ein früherer Lokalaugenschein hat eher nahegelegt, dass Wien Andas [sic] nichts weiterbringt. Sogar der Gründungskonvent, der voraussichtliche Höhepunkt im Wien-Andas-[sic]-Wahlkampf, hat in Robert Moser einen Kritiker gefunden, welcher zu einem ähnlichen Urteil kam wie der Verfasser in diesem Bericht: „Schade um die Zeit“.

Kunst der Langeweile von luxperpetua

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Um herauszufinden, ob faithless recht hat, trabte der Verfasser zum Bezirkstreffen von Wien Andas [sic] in Ottakring. Der 16. Wiener Gemeindebezirk ist der wichtigste für die Wahlallianz, denn dort schaffte Camping-Aficionado Ehrenhauser fünf Prozentpunkte in der EU-Kampagne um den Hypo-Haftungsboykott.

Anwesend waren zehn Leute, davon vier Frauen. Die Schar bestand aus mehreren Kommunisten, mehreren Sozialarbeitern, mehreren Deutsch-Als-Fremdsprache-Trainern. Zwei waren Filosofen. Kein einziger war von der Piratenpartei.

Das wichtigste zuerst:

  • nein, faithless hat nicht recht; bei Wien Andas [sic] geht noch immer nichts weiter
  • das wird auch so bleiben

Themen und Einfälle der Runde:

  • Geschichte von Europa Anders, Wien Andas [sic], unter besonderer Berücksichtigung der Person Sebastian Reinfeldts, welcher die meiste Zeit am Wort war
  • wer in der Runde wie ist und warum
  • Gentrifizierung von Ottakring
  • wer in der Runde wie ist und warum
  • öffentliche Verkehrsmittel in Wien
  • wer welche Straßenbahn- und Buslinien besonders schätzt
  • Leerstand in Ottakring
  • wer in der Runde wie ist und warum

Nach etwa einer dreiviertel Stunde dieser politischen Arbeit ergriff ein Jüngling das Wort und plädierte für einen systematischen Diskurs.

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Diskursleiter Sebastian nahm den Vorschlag auf und begann mit der Bemalung von Flip-Charts mit Schlagwörtern und Ideen, allerdings kreuz und quer und rundherum, vermutlich um den Verfasser zu verwirren. Die Textgirlanden auf den Plakaten nahmen nach und nach das ganzheitliche Gepräge typischer Bündnis-Protokolle an.

Sonst war keine Änderung in der Gesprächsführung bemerkbar. So wie auf den erzeugten Blättern gab es weiterhin keine Besinnung auf bestimmte Themenblöcke, Fragen oder Schwierigkeiten. Keine Vorbereitung, keine Pläne, bloß freies Assoziieren im Rudel.

Das Rudel zeigte sich besessen von Mitbestimmung und Teilhabe. Die Wähler im Bezirk sollen mehr Möglichkeiten bekommen sich und ihre Gefühle in die Kommunalpolitik einzubringen, z.B. als Kandidaten für eine Bezirksliste. Bis zu welchem Grad diese Beschäftigung eine attraktive Alternative zu Kiffen, Porno, Encyclopedia Dramatica und dem Verfassen von Blog-Berichten sein soll wurde nicht besprochen.

Kunst der Langeweile von luxperpetua

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Für mehr Partizipation und mehr Kandidaten hat der Bündnis-Rat bereits ein Flugblatt mit dem Slogan „Hol dir deine Stadt zurück“ beschlossen, das bald in Druck gehen würde, so Sebastian Reinfeldt.

(Der Verfasser schwieg zu seinen Zweifeln an der Durchschlagskraft dieses Slogans, wie an der schöpferischen Macht von Räten überhaupt. Für die Entwicklung von Kampagnen kommen Werbeagenturen ohne Räte aus.)

Im Gegensatz zu Veranstaltungen der Piratenpartei Österreichs war das Gesprächsklima angenehm beruhigend, etwa so wie eine transsibirische Eisenbahnfahrt. Aufregung gab es nur bei der Eröffnung. Ein studierter Filosof übte Kritik am Verfasser, welcher abseits der Sesselkreisrunde in einem Fauteuil hockte und ein mürrisches Gesicht machte. Anklagepunkte:

    • ohne sich vorzustellen!
    • und macht Notizen ohne vorher um Erlaubnis zu fragen!
    • total unhöflich!

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Gerade, als sich der Verfasser zum marxistisch-feministischen Haarkonstrukt des stalinistischen Sittenwächters äußern wollte, beruhigte Diskursleiter Sebastian den Mann durch den Hinweis, ich sei bloß ein Troll von den Piraten, der Material zur Anschwärzung anderer Piraten suche. Das wirkte auf den Filosofen, und der Vorfall blieb die einzige Interaktion zwischen Autor und Subjekt.

Schluss: das Wahlbündnis ist völlig harmlos und wird es auch bleiben. Dieser Bericht ist in diesem Blog der dritte Beleg dafür, den wir gesammelt haben.

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