Nachdem Philip Pacanda bei der letzten Graz-Wahl 2012 mit 2,7 % noch ein Mandat erringen konnte, gingen die steirischen Piraten in Leningraz diesmal leer aus. Doch wie konnte es soweit kommen? Wieso kentern die ehemals erfolgreichsten Piraten ganz Österreichs, und das ausgerechnet in Graz?
Too much of more of the same
Graz ist eine besondere österreichische Stadt. Hier wählt nämlich jeder 5. die Kommunistische Partei Österreichs. Das dürfte einerseits an Ernest Kaltenegger liegen, der in den 90er Jahren für die KPÖ mit seiner kommunistischen Wohnbauförderung höchst erfolgreich war, eine Strategie, die von Elke Kahr weitergeführt wird. Ein weiterer Meilenstein in der Erfolgsgeschichte war das Kämpfen um leistbare Öffis.
Das links-grün-versiffte BürgerInnenBudget
Der Trick, mit dem sich die Grazer Piraten kurz vor der Wahl nochmal so richtig in die Herzen der Wähler zaubern wollten, hieß BürgerInnenBudget. Hierbei wollte man seitens der steirischen Piraten € 60.000 nach dem Gießkannenprinzip über den Bürgern ausschütten. Diese 60.000 Euro wurden folgendermaßen verteilt:
- SUb (€ 7.500,-) – linker Kulturverein: „Die Eingangstür des SUb ist inzwischen mindestens so kaputt wie der Kapitalismus und die Fassade spiegelt (nicht zuletzt durch diverse Nazi-Angriffe) schon lange nicht mehr das künstlerische Potential und die innere Schönheit des Projekts wieder.“
- Rettet die Mur (€ 10.000,-) – „Die Bürgerinitiative „Rettet die Mur“ setzt sich für den Erhalt der frei fließenden Mur und gegen die Errichtung eines Kraftwerks im Herzen von Graz ein. Sie will das Recht der Grazer sichern, selbst über die Zukunft der Stadt zu entscheiden. Eine Informationskampagne mit einer Postwurfsendung an die Grazer Haushalte soll helfen, Fakten zu verbreiten und die Bevölkerung zu mobilisieren.“
- Ultima Radio Album Produktion (€ 4.000,-) – „Die Texte strotzen dabei nur so vor Gesellschaftskritik und fordern die Hörer dazu auf, den Status-quo aktiv zu ändern.“
- uboot cypher, Hiphop Für Alle (€ 1.950.-) – „Seit Mitte 2016 veranstaltet das Grazer Kollektiv noedge einmal im Monat die uboot cypher. Das Ziel: eine regelmässige, dauerhafte Platform zum gemeinsamen Performen zu schaffen, keine 0815 Abendbespaßung. Konkret sind geplant: 3 Mikrofone (350E), 2 Aktivlautsprecher (1000E), div. Kabel (200E), Mischpult (400E)“
- Druckmittel in Graz (€ 8.000,-) – „Das Tortuga Zine [http://tortuga-zine.net/] ist ein 2013 in Graz entstandenes Projekt, das unter anderem Druckwerke zu Grenzen (#1) und Lärm (#2) veröffentlicht hat und noch immer tut und noch immer tun mag (wie gerade mit #3: Körper), und hat am eigenen Schildkrötenleib erfahren, wie schwer es ist, Printmedien zu veröffentlichen, die sich im erschwinglichen Bereich bewegen.“
- GMOTA (€ 4.800,-) – „GMOTA soll darüber hinaus auch ein Schutzraum sein, ein Raum, in dem sich jede_r wohlfühlen kann. Deshalb dulden wir keine rassistischen oder rechten Sprüche, sexistische Anmachen, antisemitische Äußerungen, diskriminierendes Verhalten oder ähnliches.“
- Die Schultüte für Studierende (€ 5.000.-) – „BiocraftLab ist ein Kleinunternehmen im Raum Graz, wir sind selbst Studenten und wissen wie schwer es ist beim Studiumstart einen klaren Kopf zu behalten. Mit der Studentenbox von BiocraftLab legt ihr euch einen optimalen Grundstein für euer weiteres Studium und findet euch in einer hilfreichen Community aufgehoben. Ob wichtige Utensilien, Prüfungsinformationen, Ansprechpartner oder Facebookgruppen, mit unserer Box seid ihr auf der sicheren Seite und erhaltet alles direkt zu euch nach Hause. Dadurch erspart ihr euch eine Menge an Zeit und auch Geld. Denn unsere Box ist garantiert günstiger als wie wenn ihr die Produkte einzeln kaufen würdet.“
- 150 jahre „das kapital“ (€ 2.800,-) – „1867 wurde der erste Band des Marx´schen Hauptwerks „Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie“ veröffentlicht. Zum hundertfünfzigjährigen Jubiläum werden an vielen Orten Konferenzen und Symposien stattfinden, die den Jahrestag zum Anlass nehmen, sich eingehend mit diesem Text von Karl Marx, seiner Entstehungsgeschichte und vor allem der Frage, wie weit diese Analyse noch zum Verständnis der gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen taugt, beschäftigen. Wir finden, dass Graz das auch braucht!
Die dreitägige Konferenz wird im Frühjahr 2017 stattfinden. Das Eröffnungsreferat (Freitag Abend) soll interessierten Grazer die Möglichkeit geben sich mit dem Marxschen Werk vertraut zu machen. An den beiden darauf folgenden Tagen (Samstag und Sonntag) werden die Referenten aus dem In- und Ausland in Workshops Teilaspekte dieses umfangreichen Werkes mit den Teilnehmern diskutieren. Ein kritischer Zugang in der Beschäftigung mit dem „Kapital“ ist uns besonders wichtig. Die budgetierte Summe ist für eine Konferenz sehr niedrig angesetzt und soll vor allem die entstehenden Kosten (Ankündigung, Fahrtkosten, Verpflegung, Unterkunft und Aufwandsentschädigung für die Referenten) decken. Die Konferenz wird bei freiem Eintritt stattfinden, weil es uns wichtig ist, dass alle Grazer die Möglichkeit zur Teilnahme haben.“ - AnnenPassage Community Center (€10.000,-) – „Mit Hilfe unseres Teams und unseren Freiwilligen, möchten wir (Aus-)Bildung und Wohlbefinden/Wellbeing für jedeN zugänglich machen. • Love2Learn Englisch/Deutsch Konversationskurse • DIY Kurse & Gruppen bzw. DIY Workshops – zB Upcycling, Musik, Yoga, Handarbeit • Support-Gruppen – zB für Expats die nach Graz kommen, etc.“
- Lookaroundwhatifound (€ 5.950,-) – „Lebensträume am Leben halten – Wir sind LookAroundWhatIFound, ein junges Start-up, das sich Anfang Dezember in Graz beim Ideentriebwerk-Event StartUp Playground gegründet hat. Unsere Vision gilt es nun in die Tat umzusetzen und dafür brauchen wir EUCH. Mit den 10.000 € ermöglicht ihr uns, das wir die Website/App von einem professionellen Grazer Unternehmen entwickeln lassen können.“
Oder anders ausgedrückt:
- Ein links-grün-versiffter Kulturverein bekommt Geld, weil die Fassade und die Tür „nach diversen Nazi-Angriffen“ nicht mehr schön genug sind. Außerdem sammelt man Geld, um von der Polizei festgenommene Menschen-Schlepper wieder auf freien Fuß zu setzen.
- Eine Umwelt-Initiative gegen ein Flusskraftwerk wird finanziell unterstützt, um Info-Zetteln via SnailMail an alle Grazer zu spammen.
- Die Produktion eines links-ideologischen Musik-Albums soll finanziell unterstützt werden, um die Propaganda in möglichst viele Gehirne einzupflanzen.
- Ein HipHop-Club wird gefördert, um möglichst viele Grazer Nachwuchs-Bushidos zu schaffen.
- Dem Tortuga Zine wird finanziell nachgeholfen, weil sie zwar gerne Printmedien veröffentlichen, das jedoch in den seltensten Fällen kostendeckend hinbekommen.
- Ein SafeSpace wird mitfinanziert, wo flauschig-bunte Einhörner vor der bitteren Realität beschützt werden.
- Dem Grazer Kleinunternehmen BiocraftLab soll finanziell unter die Arme gegriffen werden, um faulen Studenten den Studienbeginn zu erleichtern. Immerhin müssen die ihren Laborkittel dann nicht selbst irgendwo im Internet bestellen. Billiger Modeschmuck aus China lässt sich ebenfalls über BiocraftLab bestellen.
- „Das Kapital“ des Rassisten und Menschenfeind Karl Marx soll in einer 150-jährigen Jubiläumskonferenz verstärkt beworben werden.
- Ein Community-Center zur besseren Integration von illegalen Einwanderern bekommt ebenfalls den Maximalbetrag von € 10.000.-
- Und last but not least soll eine Website/App programmiert werden, für die jetzt auch schon ein popeliger Instagram-Account mit 102 Abbonenten reicht.
Und da soll man sich als Grazer nicht verarscht vorkommen?! Immerhin waren Projekte der Hardcore-Feminazis nicht unter den Gewinnern. Doch das absolute Highlight des Grazer BürgerInnenBudgets findet sich im Regelwerk:
Wie unterstütze ich ein Projekt?
Unter dem Reiter „Abstimmen“ öffnest du ein Projekt, das du unterstützen möchtest. Trage deinen Namen und deine E-Mail Adresse ein. Nachdem du die Regeln akzeptierst und auf OK geklickt hast, erhältst du per E-Mail einen Link, mit dem du deine Stimme bestätigen kannst.
In der ersten Phase kannst du bis zu 15 Projekte unterstützen, in der zweiten Phase kannst du nur mehr für bis zu fünf deiner Favoriten stimmen.
An die angegebene E-Mail-Adresse bekommst du Neuigkeiten zum Bürgerbudget und deinen unterstützten Projekten zugeschickt. Es werden keine Daten an Dritte weitergegeben. Nach Abschluss werden alle Daten gelöscht.
Soll heißen: Mit TOR-Browser und einem Haufen Wegwerf-E-Mail-Adressen kann man für sein Lieblingsprojekt sooft abstimmen, wie man möchte, was die ganze Angelegenheit in etwa so sinnvoll macht wie die damals gestellte Vertrauensfrage von Stephan ‚ITC‘ Raab, seines Zeichens Ex-Bundesvorstand der österreichischen Piraten, bevor er die Re(kt)al-Demokraten gründete.
Man geht eben doch zum Schmied (KPÖ), und nicht zum Schmiedl (Die Grünen), doch warum man zum Mikro-Schmiedchen (Grazer Piraten) gehen sollte, auf diese Frage fanden nur 1,1 % der Grazer Wähler eine Antwort.
Doch das ist noch nicht alles. Delegationskaiser Lukas Daniel Klausner, der die österreichischen Piraten quasi im Alleingang in zwei kommunistische Abenteuer namens „Anders“ (Europa & Wien) gestürzt sowie fleißig dabei mitgeholfen hat, die Piratenpartei von einer echten Alternative jenseits der von der Lügenpresse herbeigeschriebenen Links-Rechts-Dialektik zu einer weiteren links-grün-versifften Einheitsbreipartei zu machen, empfiehlt auf seinem Blog, die marxistischen Piraten aus der St. Eiermark zu wählen.
Klausners Gründe werden ebenfalls aufgelistet:
- Die Kandidaten auf der Liste sind stramme Linke.
- Mit dem BürgerInnenBudget werden links-grün-versiffte Projekte umgesetzt, wobei Klausner hier wirklich zu glauben scheint, dass bei deren Auswahl alles seine Richtigkeit hat.
- Das Programm ist sozialistisch genug, obwohl man anscheinend nicht in der Lage ist, zwischen Asyl und Migration zu unterscheiden
Es existiert aber auch ein Negativpunkt für Klausner, nämlich der Umstand, dass keine einzige Frau auf der Kandidatenliste zu finden ist. (Die langen Haare von PeterTheOne scheint er nicht gelten zu lassen.) Wem Klausner aber diesen Vorwurf macht, den Damen, die sich nicht als Kandidatinnen aufstellen lassen haben (z.B. aus dem Grund, weil sie für Kommunismus nichts übrig haben), oder den Herren, die in bester macho-fascho-Manier alle Frauen von der Liste wegboxen, weil sie keinen Penis haben, bleibt offen.
Wenn die Graz Wahlen 2017 eines gezeigt haben, dann folgendes: Die Grazer wollen keine kommunistische Räte-Technokratie.