von Yves Mamou, am 11. Juni 2017
- Es ist bemerkenswert, dass Frankreichs neue Moslempartei, die Gleichheits- und Gerechtigkeitspartei (PEJ), ein Element eines Netzwerks aus politischen Parteien ist, welches vom türkischen Präsidenten Erdogan und seiner AKP aufgebaut wurde, um jedes Land in Europa zu beeinflussen, und um Europa über seine muslimische Bevölkerung zu beeinflussen.
- Wie lautet ihr Programm? Die Klassiker für eine islamische Partei: Die Abschaffung des Gesetzes zur Trennung von Kirche und Staat aus dem Jahr 1905; verpflichtende Kopftücher für Schulmädchen; sowie Solidarität mit der Gemeinschaft (im Gegensatz zu den Rechten der Individuen) lauten die Prioritäten. All das wird in die nicht-so-unschuldige Fahne der Notwendigkeit verpackt, „gegen Islamophobie anzukämpfen“, ein Konzept, welches erfunden wurde, um die Menschen zurückdrängen zu können, die den Islam kritisieren, bevor sie auch nur damit anfangen können.
- „Der Zweck der islamistischen Partei ist es, die Welt zu erobern und nicht nur ein Mandat zu erhalten. Ihre Mechanismen wurden bereits etabliert… Islamisten kamen im Namen der Demokratie an die Macht, um dann mit dieser Macht die Demokratie aufzulösen… Sie transformieren die Kleidung, den Körper, die sozialen Kontakte, die Künste, die Pflegeheime, die Schulen, Lieder und Kultur und dann warten sie einfach ab, bis die Frucht in den Turban fällt… Eine islamistische Partei ist eine offene Falle: Man darf sie nicht hereinlassen. Wenn man sie ablehnt, dann hat man auf einmal eine Diktatur im Land, doch wenn man sie akzeptiert, riskiert man, sich zu unterwerfen…“ — Kamel Daoud, Algerischer Schriftsteller in Le Point, 2015
Für die Parlamentswahlen, die am 11. und 18. Juni in Frankreich stattfinden, schließen die politischen Parteien ihre Vorbereitungen ab: Sie wählen ihre Kandidaten und lassen Plakate und Aufkleber drucken. Geschäft wie üblich? Nicht wirklich.
Ein Newcomer stieg aus dem politischen Spektrum empor: Eine Moslempartei, die Parti égalité et justice (Partei für Gleichheit und Gerechtigkeit; PEJ).
Es ist bemerkenswert, dass die PEJ ein Element eines Netzwerks von politischen Parteien ist, die vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und seiner Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) aufgebaut wurden, um jedes europäische Land und ganz Europa über seine muslimische Bevölkerung zu beeinflussen.
PEJ: Eine Pro-Erdogan Partei in Frankreich
Die PEJ wurde im Jahr 2015 in Straßburg gegründet, der de facto Hauptstadt von Ostfrankreich, an der Grenze zu Deutschland. Die PEJ hat bereits 68 Kandidaten bestätigt — nicht genug, um das ganze Territorium abzudecken, aber genug um effizient in Bezirken mitzumischen, wo die türkische und muslimische Bevölkerung stark vertreten ist. Französische Bürger mit türkischer Herkunft werden auf 600.000 Menschen in Frankreich geschätzt, aus einer muslimischen Bevölkerung von etwa 5-15 Millionen, aber offizielle Statistiken existieren nicht.
Eine weitere Moslempartei, die „Français et Musulmans“ („Franzosen und Moslems“), bereitet sich ebenfalls leise darauf vor, zu den französischen Parlamentswahlen das politische Parkett zu erklimmen. „Français et Musulmans“ geht aus der „L’Union des Organisations Islamiques de France“ (UOIF) hervor, die auf „Muslime von Frankreich“ umgetauft wurden. „Français et Musulmans“ ist der französische Zweig der Muslimbrüderschaft.
Die PEJ ist die erste Partei in Frankreich, die von Türken gegründet wurden. Die PEJ nahm bereits an Wahlen der Provinzhauptversammlung teil, flog aber in der ersten Runde raus. Laut der Zeitschrift Marianne: „Die PEJ steht in enger Verbindung mit dem Rat für Gerechtigkeit, Gleichheit und Frieden (Cojep), eine internationale NGO, die überall, wo sie existiert, einen Anker für die AKP darstellt“, die Partei des türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdogan. Laut L’Express „sind viele Manager der PEJ auch im Cojep zuständig.“
Wie lautet ihr Programm? Die Klassiker für eine islamistische Partei: Abschaffung des Gesetzes zur Trennung von Kirche und Staat; verpflichtende Kopftücher für Schulmädchen in öffentlichen Schulen; Halal-Nahrung in allen Schulen; Unterstützung für Palästinenser; und Solidarität mit der Gemeinschaft (im Gegensatz zu individuellen Rechten) als Priorität. All dies wird in die nicht-so-unschuldige Flagge der Notwendigkeit des „Kampfs gegen Islamophobie“ gepackt, ein Konzept, welches erfunden wurde, um alle Kritiker des Islams mundtot zu machen, bevor sie auch nur ihre Kritik äußern können.
In der Zeitschrift Marianne verurteilte Mine Gunbay, verantwortlich für Frauenrechte im Stadtrat von Straßburg, furchtlos und unermüdlich die Metamorphose von Straßburg in das „politische Labor der AKP“. Straßburg ist die Stadt, wo Erdogan vom damaligen Präsidenten Hollande die Erlaubnis erhielt, im Oktober 2015 eine Wahlveranstaltung abzuhalten. Und das legal.
Eine weitere nennenswerte türkische Bewegung in Frankreich ist die wahrscheinliche Nominierung von Ahmet Ogras, dem Vertreter des türkischen Islam in Frankreich, zum nächsten Präsidenten des Conseil français du culte musulman („Französischer Rat der muslimischen Anbetung“, CFCM). Ahmet Ogras ist für seine guten Beziehungen zu Erdogans AKP-Partei bekannt. Der CFCM ist die rechtliche Struktur, die von französischen Politikern aufgebaut wurde, um einen einzigen muslimischen Ansprechpartner zu haben. Bis heute kamen alle Präsidenten des CFCM aus Algerien oder Marokko.
Österreich
In Österreich gründeten im Jahr 2016 „türkische Staatsbürger“ die Neue Bewegung für die Zukunft (NBZ) Partei. Das Ziel der Partei ist es, Türken eine Stimme in der Politik in ganz Österreich zu verleihen. Der Vorsitzende der NBZ, Adnan Dinçer, erklärte, dass der Aufstieg von rechtsextremen Parteien sie dazu veranlasst hat, schneller zu arbeiten. „Politische Akteure treffen Entscheidungen über die hier im Land arbeitenden Minderheiten, aber wir werden nicht bei den entscheidenden Mechanismen eingebunden“, sagte er. Die NBZ macht deutlich, dass sie den umstrittenen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan unterstützen und die „Gülen-Bewegung“ verachten, von der die türkische Regierung behauptet, sie hätte im Juli 2016 einen Putschversuch unternommen.
Niederlande
Denk, eine Partei, die von Tunahan Kuzu und Selçuk Öztürk im März 2017 gegründet wurde, wurde die erste ethische Minderheitspartei im niederländischen Parlament. Die Partei, anscheinend ein Sprachrohr für den türkischen Präsidenten Erdogan, gewann drei Sitze in der jüngsten Wahl, wo Einwanderung eines der Hauptthemen darstellte.
Der Parteiführer Tunahan Kuzu sagte: „Das ist der Anfang eines neuen Kapitels in unserer Geschichte. Die neuen Niederländer haben ihre Stimme abgegeben.“
Bulgarien
Die muslimische Bevölkerung Bulgariens besteht aus Türken (Sunniten), einigen Schiiten, Bulgaren und Roma, die zusammen 7-8% der Gesamtbevölkerung repräsentieren. In Bulgarien gibt es drei muslimische Parteien, in denen die meisten Mitglieder türkisch und muslimisch sind.
Eine dieser Parteien ist Die Bewegung für Rechte und Freiheiten (HÖH), die 1990 von Ahmet Doğan gegründet wurde. Im Jahr 2014 war die HÖH mit 38 Abgeordneten im 240-köpfigen Parlament vertreten und hatte vier Abgeordnete im Europäischen Parlament (EP).
Die HÖH ist eine Koalition mit der Bulgarischen Sozialistischen Partei (BSP) eingegangen und hat somit ein Mitspracherecht in der Regierung, obwohl die Parteiführung nach einem Attentatsversuch auf Doğan gewechselt hatte.
Weil Erdogan mit der HÖH nicht zufrieden war, war er damit beschäftigt, andere pro-türkische Parteien in Bulgarien aufzubauen.
Deutschland
Viele Deutsche mit türkischer Abstammung haben sich dazu entschlossen, in deutsche etablierte politische Parteien zu investieren und diese von innen zu beeinflussen. Manche versuchen jedoch, die Politik von außerhalb zu beeinflussen.
Die Allianz Deutscher Demokraten (ADD) ist eine kleine Partei, die von Remzi Aru gegründet wurde, offenbar als Reaktion auf die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern im Deutschen Bundestag.
Die ADD ist Erdogan freundlich gesinnt und versucht, eine Wählerbasis innerhalb von Einwanderen und muslimischen Gemeinschaften zu bilden. Ihre Anführer hatten dennoch Schwierigkeiten, die 1000 notwendigen Unterschriften zu sammeln, um an der Wahl im Mai in Nordrhein-Westfalen teilzunehmen.
Eine weitere muslimisch-deutsche Partei ist das Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (BIG), welches bereits seit 2010 existiert aber nicht viel Erfolg hatte.
Das deutsche Gesetz verbietet die ausländische Finanzierung von politischen Parteien, und eine türkische Partei müsste gewisse Verpflichtungen erfüllen, um eine Bescheinigung als offizielle deutsche Partei zu erhalten.
Die islamistische Falle
Eine islamistische Partei in einer Demokratie ist nach dem algerischen Schriftsteller Kamel Daoud „eine Falle“. Besonders in Frankreich. In einem Artikel, der im Jahr 2015 in der Le Point veröffentlicht wurde, schreibt er:
„Eine islamistische Partei in Frankreich? Was für ein faszinierendes politisches Objekt: Man kann sie nicht ablehnen, aber man kann sie auch nicht akzeptieren. Nichts fasst die Situation besser zusammen als eine französische Falle… Wenn Frankreich ja sagt, unterwirft es sich auf lange Sicht. Eine islamische Partei ist automatisch auch eine islamistische Partei… Per Definition. Ihr Zweck ist es, die Welt zu erobern, und nicht nur ein Mandat zu erreichen. Ihre Mechanismen waren bereits etabliert… Islamisten sind im Namen der Demokratie an die Macht gekommen, dann haben sie die Demokratie mit dieser Macht abgeschafft. Im besten Fall. Im schlechtesten Fall haben sich die Islamisten für eine Annäherung im Stil der Krabbe entschieden, die ihre Klauen hinter ihrem Rücken versteckt: Keine politischen Ambitionen, sondern ein tausendjähriger Ehrgeiz im Hinterkopf: Die Kleidung, den Körper, die sozialen Kontakte, die Künste, die Pflegeheime, die Schulen, die Lieder und die Kultur konvertieren und dann warten sie einfach ab, bis die Frucht in den Turban fällt… Eine islamistische Partei ist eine offene Falle: Man kann sie nicht hereinlassen. Wenn man sie ablehnt, dann wird aus deinem Land eine Diktatur, doch wenn man sie akzeptiert, dann riskiert man die Unterwerfung…
„Sobald es auf die politische Szene trifft, erscheinen dieselben Konsequenzen wie in Algerien, Ägypten, Pakistan, Sahel oder Tunesien: Es teilt das Land auf in Ausrotter (diejenigen, die den Islam auslöschen wollen), Versöhner (diejenigen, die den Dialog mit dem islamistischen Monolog befürworten) und Fatalisten (diejenigen, die darauf warten, dass etwas Gutes passiert).“
Als guter politischer Analyst weiß Kamel Daoud — und jeder weiß es mit ihm –, dass niemand in Frankreich die Lösung hat, um das islamistische Problem zu bewältigen. Die einzige Frage ist: Wer wird gewinnen? Die Ausrotter oder die Versöhner? Eines ist nun sicher, die Versöhner werden für die nächsten fünf Jahre an der Macht sein.
Noch etwas ist sicher: Die erste verschleierte Frau, die als Parlamentsmitglied gewählt wird, wird eine noch nie dagewesene Zivilisationskrise in der französischen Geschichte auslösen.