Riesenerfolg der Piratenpartei bei den Tschechischen Parlamentswahlen

von TorrentFreak, am 23. Oktober 2017

Die tschechische Piratenpartei hat bei den Abgeordnetenhauswahlen 2017 einen deutlichen Sieg verbucht. Mit mehr als 10% der Gesamtstimmen wurde die Partei zur drittgrößten Partei des Landes und tritt mit 22 Sitzen in das Parlament ein. Mit ihrer neu gewonnenen Macht will die Partei unter anderem das Urheberrecht reformieren, die Korruption bekämpfen sowie die Internet-Zensur abschaffen.

Die tschechischen Piraten haben sich in den letzten jahren einen ziemlich guten Namen gemacht.

Die politische Partei hatte sich zuvor mit einer lokalen Anti-Piraterie-Behörde angelegt, indem sie ihre eigenen Downloadseiten für Filme eingerichtet hat und darauf hinwies, dass das Verlinken kein Verbrechen ist.

Der mutige Schritt führte zu einer strafrechtlichen Ermittlung, aber der Fall wurde schließlich fallengelassen, nachdem man davon ausgegangen war, dass die Piraten im Einklang mit geltenden EU-Recht gehandelt hatten.

In der politischen Arena konnte die tschechische Piratenpartei bereits einige Erfolge verbuchen. Bei den Parlamentswahlen hat die Partei jedoch nie die geforderte Schwelle überschritten. Bis zu diesem Wochenende.

Mit 10,79% der Gesamtstimmen haben die Piraten 22 Sitze im nationalen Parlament gewonnen. Nicht nur das, sie wurden auch zur drittgrößten politischen Partei des Landes, wo mehr als 30 Parteien an den Wahlen teilnahmen.

Die tschechische Republik wird nach Schweden, Deutschland und Island das vierte Land, in dem eine Piratenpartei im nationalen Parlament vertreten ist, was eine beachtliche Leistung ist. [Anmerkung des Übersetzers: In Deutschland sind die Piraten nicht im Bundestag vertreten gewesen, gemeint ist hier wohl das Berliner Landesparlament.]

„Es ist das beste Ergebnis von allen Piratenparteien in der gesamten Geschichte und gibt uns gleichzeitig den Auftrag, die Dynamik der tschechischen Politik zu transformieren. Gleichzeitig verstehen wir dies als eine große Verantwortung gegenüber den Wählern und der Piratenbewegung als Ganzes“, erklärt Thomas Vymazal, einer der neuen Parlamentsabgeordneten, gegenüber TorrentFreak.

Während nach dem Wahlergebnis einige Feierlichkeiten stattfanden, macht die tschechische Piratenpartei mit Volldampf weiter. Die 22 neu gewählten Parteimitglieder haben bereits ihre erste Sitzung abgehalten und darüber gesprochen, wie sie aus den Verhandlungen mit anderen Parteien das meiste herausholen können.

„Das Verhandlungsteam wurde gebildet und der Klubvorsitzende gewählt. Wir müssen jetzt unsere Büros einrichten, Assistenten einstellen und spezifische Aufgaben im Club verteilen“, sagte Vymazal.

„Eines der ersten Themen, über die wir im Parlament diskutieren werden, wird die Reparatur eines historischen Antikorruptionsgesetzes sein.“

Der fragliche Gesetzesentwurf stellt sicher, dass jeder Vertrag, den der Staat oder ein staatliches Unternehmen abschließt, protokolliert wird. Allerdings hat das vorige Parlament einige Ausnahmen eingeführt, sodass viele der Geldströme der Öffentlichkeit verborgen bleiben.

Wie andere Piratenparteien ist auch die Tschechische keineswegs eine Ein-Themen-Partei. Die Partei hat eine weitreichende Vision, die sie in ein 20-Punkte-Programm gegossen hat. Zusätzlich zur Korruptionsbekämpfung gehört beispielsweise auch eine Steuerreform sowie eine Erhöhung der Lehrergehälter.

Natürlich stehen auch klassische Piraten-Themen auf dem Programm. Die Piratenpartei will das Urheberrechtsgesetz des Landes überarbeiten, die Zensur im Internet stoppen sowie das Handy-Tracking beenden. Außerdem soll der Anbau von Marihuana für den Eigenbedarf erlaubt sein.

Mit der Unterstützung von Hunderttausenden Tschechen werden diese und andere Themen sicherlich auf der politischen Agenda in den kommenden Jahren stehen. Es liegt jetzt an den Piraten, sie zur Realität werden zu lassen.

„Wir müssen einen sehr guten Job erledigen, um die Piratenpartei in der tschechischen Politik erfolgreich zu etablieren und die Versprechen einlösen, die wir den Wählern gegeben haben“, sagte Vymazal.

Rick Falkvinge, Gründer der schwedischen Piratenpartei, freut sich, wenn mehr Piraten erfolgreich sind. „Es ist großartig zu sehen, wie immer mehr Piratenparteien Erfolg haben“, sagte er.

„Die durchschnittliche Zeit für jede Partei, um ihren ersten Repräsentanten gewählt zu bekommen, beträgt 23 Jahre. Ich glaube, wir haben alle nach Internetzeit gelebt, als wir dieses Projekt gestartet haben: 8 Jahre bis zu einer erfolgreichen Wahl, wie es den tschechischen Piraten nun gelungen ist, ist nach internationalen und politischen Maßstäben immer noch sehr schnell.“

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