TheTrichordist, am 28. Juli, 2018
Das EU-Parlament durchlief gerade ein paar kontroverse Woche, in denen es mit Tweets, Briefen, E-Mails und Telefonaten überschüttet wurde, die sich gegen Artikel 13 — ein Abschnitt der Urheberrechtsrichtlinie — richteten, der Unternehmen wie Google gezwungen hätte, ihre Plattformen besser auf Urheberrechtsverletzungen hin zu überwachen. Letzte Woche haben wir einen Gastbeitrag von Volker Rieck veröffentlicht, in dem er ausführlich beschrieb, wie eine kleine Gruppe von Anti-Copyright-Ideologen offenbar einen gefälschten Volksaufstand gegen die EU-Urheberrechtsrichtlinie erschaffen hat, indem sie ihre Zahl im Wesentlichen durch Bots stark erhöht hat.
Heute stelle ich ihnen die von Google finanzierte Gruppe vor, die offenbar hinter praktisch jedem einzelnen dieser politischen Fake-Graswurzel-Angriffe stand. Darunter die #DeleteArt13-Kampagne.
Dies ist OpenMedia.org. Was für ein gesund aussehender Haufen von progressiven Polit-Aktivisten! Sie haben ihren Sitz in Vancouver BC. Eine freundliche Stadt. Eine saubere, moderne High-Tech Bankenstadt am pazifischen Randgebiet. Sehr multi-kulturell, so ähnlich wie Seattle, nur ohne die verrückten Drogenabhängigen, die mit übermenschlicher chinesischer Kraft die Einkaufswagen über ihren Köpfen schwingen. Nein, Vancouver ist ein schöner Ort, um seine Kinder großzuziehen und um eine Astroturf-Gruppe zu gründen, die die regressiven Interessen der Cyber-Libertären aus dem Silicon Valley unterstützt.
Juhu!
OpenMedia.org zählt Google zu ihren „Platin-Unterstützern“, was immer das auch bedeuten mag. Die Mozilla Foundation, die jährlich 300 Millionen Dollar von Google erhält, ist ein weiterer „Platin-Unterstützer“. Dann gibt es noch den überaus seltsamen und mysteriösen Private Internet Access (PIA). Angeblich ist PIA (juristischer Name ist London Trust Media) ein kommerzieller VPN-Anbieter. Doch wenn man etwas genauer unter der Oberfläche gräbt, dann ist die Eigentümer- und Unternehmensstruktur „undurchsichtig„, um es milde auszudrücken.
Es gibt noch viele andere Google-Verbindungen, aber vor allem sollte diese eine beachtet werden: Das Vorstandsmitglied Jacob Glick ist der ehemalige Leiter der Public Policy and Government Relations von Google Canada. Glaubt ihr, dass sie noch immer miteinander reden?
Was macht also OpenMedia? Sie kämpfen aggressiv gegen jede Art von Regulierung, die Google und dem Geschäftsergebnis des Silicon Valley schaden würden, darunter SOPA, die Netzneutralität, DMCA Takedown Staydown und die EU-Urheberrechtsrichtlinie.
Aber hat Google nicht bereichts Myriaden an Akademikern, Think Tanks und Astroturf-Gruppen, die das für sie tun? Ja, das stimmt. Was ist also so interessant an OpenMedia.org? Es ist die Art und Weise, wie sie Google und andere Unternehmen aus dem Silicon Valley unterstützen. Sie sind darauf spezialisiert, „Graswurzel“-Kampagnen zu erschaffen. Nur sind das keine wirklichen Graswurzeln. Sie sind reiner Kunstrasen. Ihre Kampagnen machen starken Gebrauch von automatisierten Tools, die es einer einzelnen Person erlauben, wiederholt Ziele mit Tweets, E-Mails, Robo-Anrufen, Robo-Faxen und sogar automatisierten Briefen zu spammen! Wie sie das tun?
Hier ist New/Mode: Anbieter der besten Tools zum Hacken der Demokratie
Das ist New/Mode.net. New/Mode ist eine Art kommerzielle Tochter von OpenMedia.org. Diese wiederum wird auf vielen Ebenen von Google und mit Google in Verbindung stehenden Gruppen finanziert und geleitet. Ich bin nicht sicher, wie gemeinnützig Organisationen in Kanada arbeiten, aber die Eigentümerstruktur, wie sie auf ihrer Homepage beschrieben ist, scheint seltsam zu sein.
Sie machen das Folgende: One-Click Anrufe. One-Click E-Mail. One-Click Faxe. Ziemlich vorhersehbar. Storm social? Hmmm, wie der Sockenpuppen-Twittersturm, der letztes Monat über unsere Abgeordneten im Europäischen Parlament hereingebrochen ist? Briefe an die Redaktion? WTF? Automatisierte Briefe an die Redakteure? (mehr dazu gleich)
Sehen wir uns die One-Click Anrufe an. Purer klicktivistischer Unsinn. Ich habe das vor einer Weile getestet. Ein Benutzer kann jede Postleitzahl angeben. Niemand prüft das. Ich habe eine Postleitzahl für eine ländliche Stadt in den nördlichen Ebenen der USA eingegeben, und ich wurde mit dem Büro von jemanden verbunden, der nicht mein Kongressabgeordneter war. Ich wurde angewiesen, mich so zu verhalten, als wäre ich ein Wähler.
Noch besser. Wenn man in der Leitung bleibt, wird man von diesem Dienst immer wieder mit weiteren „Zielen“ verbunden. So kann eine Person leicht 20-40 „Ziele“ in einer Stunde anrufen.
Demokratie-Hacker-Tools in Aktion
Während der #DeleteArticle13-Kampagne konnte ich britische Abgeordnete mit dem New/Mode-Tool anwählen. Und das, obwohl ich eine US-Telefonnummer benutzt habe! New/Mode und OpenMedia schien das nicht zu kümmern. Warum sollte es auch? Jeder Cybermob ist ein guter Mob, oder nicht?
Sie haben mir hilfreiche Argumente geliefert. Das ist deine Demokratie. Das ist deine Demokratie auf Bots.
(Seit ich diesen Artikel gepostet habe, habe ich die Anruf-Funktion noch einmal überprüft. Es funktioniert noch immer. Sogar mit US-Nummer. Siehe Screenshot oben.)
Den Twitter-Sturm entfesseln
Doch bei New/Mode geht es nicht nur um E-Mail-Spam und Robo-Anrufe. Sie machen noch so viel mehr. Sie wollen einen Twitter-Sturm? Genau so einen wie jenen, der sich an die Europaabgeordneten zu Artikel 13 richtet? Ich frage mich, wie all diese Sockenpuppen-Tweets entstanden sind. Sie wurden alle in den frühen Morgenstunden um 3 bis 5 Uhr morgens Brüsseler Zeit abgesetzt. Eine Menge schlafloser Wähler! Ist Meth in der EU noch immer beliebt?
Oh, schaut! Das sind keine schlaflosen Wähler. New/Mode bietet genau das Werkzeug, das man braucht, um seinen eigenen Twitter-Sturm mitten in der Nacht zu erzeugen. Kein Meth erforderlich!
Und mit New/Mode kann man genau denjenigen ansprechen, den man erreichen will. Wir richten einfach den Feuerwehrschlauch des Infokriegs auf einen einzelnen schwankenden Abgeordneten irgendwo. Das ist effektiver.
Wie wir bereits in einem früheren Artikel berichtet haben, beobachteten wir, dass sich der „Graswurzel“-Twittersturm so verhalten hat, als ob jemand das Kommando darüber gehabt hätte. Die Tweets konzentrierten sich über lange Zeiträume auf die MEPs bestimmte Länder — und verlagerten sich dann plötzlich auf ein anderes Land. Dies entspricht nicht einem organischen Graswurzel-Verhalten.
Google Command & Control
Die Ziele des Twitter-Sturms waren die gleichen MEPs, die auf der SaveYourInternet.eu Website hervorgehoben waren. SaveYourInternet.eu verwendete die New/Mode Web-Tools für Tweets, E-Mails und Robo-Anrufe.
Die Webseite SaveYourInternet.eu wird vom Google-Lobbyisten in Brüssel, N-Square, betrieben. Erkennen Sie das große Ganze? Die Europaabgeordneten wurden im Cyberspace von gefälschten Mobs und dem Kommando und der Kontrolle eines Google-Lobbyisten schikaniert. Wie kann so etwas überhaupt legal sein?
In den USA wurde die Kommando- und Kontrollstruktur von Marvin Ammori über Fight for the Future effektiv geleitet. Fight for the Future setzt dieselben New/Mode-Instrumente ein, um seine vorgetäuschten Graswurzelkampagnen durchzuführen. Ammori ist/war ein externer Berater von Google und ist derzeit mit mindestens drei weiteren von Google finanzierten Institutionen verbunden, darunter das Center for Internet and Society.
Ich liebe den Geruch von gehackter Demokratie am Morgen: Vergangene Ziele
Die US Federal Communications Commission wurde im vergangenen Jahr von New/Mode-Tools ins Visier genommen:
Das Handelsabkommen der Transpazifischen Partnerschaft ist vor allem aufgrund der Desinformation, die mit diesem OpenMedia-New/Mode-Tool verbreitet wurde, zum Scheitern verurteilt worden. Hier ist die geklonte OpenMedia.org-Website, auf der die Tools das erste Mal eingesetzt wurden:
Ursprünglich beruhte die Opposition auf Bestimmungen zum geistigen Eigentum, aber Trump (und in geringerem Maße auch Sanders) machten sich die Bewegung zu eigen und verwandelte sie zu einer Frage um Arbeitsplätze. (Siehst du, was passiert Larry, wenn man einen Fremden in den Alpen findet?)
Im Jahr 2016 wurde die „Beratung“ des US-Urheberrechtsamtes mit identischen Kommentaren bombardiert, wobei ein ähnliches Werkzeug verwendet wurde.
Und im Jahr 2014 zielte ein ähnlicher Einsatz von automatisierten Kommentar-Tools auf die FCC-Website ab und brachte sie zum Absturz. Freedom of Information-Anfragen zeigten später, dass FCC-Mitarbeiter mit engen Verbindungen zu Google der Gruppe, die die Bot-Kommentare erstellt hatte, dabei halfen, die Kommentare trotzdem zu veröffentlichen. Siehe E-Mails hier.
Dies alles sind DDOS-Angriffe, die versuchen, die Stimmen der echten Wähler zu erdrücken, indem sie mit einer Flut von von Unternehmen gesponsorten SPAM-Nachrichten übertönt werden. Es gibt keine andere Möglichkeit, dies zu beschreiben, als einen Hack der demokratischen Prozesse.
New/Mode prahlt auch damit, dass sie „geklonte“ Webseiten erstellen können, um den Eindruck zu erwecken, dass es eine breite Palette von Gruppen gibt, die dieselbe Aktion unterstützen. Im obigen Screenshot prahlen sie damit, 60 „geklonte“ Umweltgruppen-Webseiten in Kanada zu erstellen, um Druck auf die Regierung Trudeau auszuüben. Das Endziel dieser Umweltkampagne mag zwar lobenswert sein, aber der Zweck heiligt niemals die Mittel. Besonders wenn es bedeutet, dass man die kanadische Demokratie an Astroturf-Gruppen übergibt, die von den Interessen des Silicon Valley kontrolliert werden. Vielleicht sollte die kanadische Bundesregierung in Ottawa einen Blick auf das werfen, was am anderen Ende des Landes in Vancouver vor sich geht. Für mich ist das dubios.
Und es sind gefälschte Graswurzeln
Wie wir bereits wiederholt auf thetrichordist.com festgestellt haben: Wenn Google Astroturf-Gruppen finanziert/gesteuert hat, die die New/Mode-Tools verwenden und dann versuchen, ihre Cyber-Braunhemden in Bodentruppen vor Ort zu verwandeln, kommen nur sehr wenige Leute (wenn überhaupt).
Im Jahr 2016 startete Fight for the Future eine Kampagne gegen die Konsultationen des US-Urheberrechtsamtes zur Urheberrechtsreform. Fight for the Future behauptete, die Webseite regulations.gov mit dem New/Mode-Tool zum Absturz gebracht zu haben. (Ist das etwas, mit dem man angeben sollte?) Fight for the Future behauptete, es sei, weil Zehntausende von Leuten auf ihre Online-Kampagne geantwortet und das Portal regulations.gov überwältigt hätten, um die Konsultationen des US-Urheberrechtsamtes zu kommentieren. Zur gleichen Zeit organisierte Fight for the Future eine Kundgebung. Allerdings kamen nur 4 Personen, um persönlich zu protestieren. Den Schildern nach zu urteilen, waren alle 4 für das Urheberrecht. Anscheinend sind sie gekommen, um gegen die nicht existierenden Fight for the Future-Protestler zu demonstrieren. Das macht keinen Sinn. Eine Gruppe, die zehntausende von Leuten dazu bringen kann, Kommentare zu wackeligen Bundesvorschriften zu hinterlassen, aber sie kann niemanden dazu bringen, zu einem Protest zu erscheinen?
Ebenso sind nur 37 Personen auf dem Foto der „riesigen“ Kundgebung vor dem Weißen Haus, um den Titel 2 Netzneutralität bei der FCC zu behalten. Diese wurde ebenfalls von Fight for the Future organisiert. Die Online-Kampagne generierte also Millionen von Kommentaren, E-Mails und Telefonanrufen, und 37 Personen tauchen auf, um vor dem Weißen Haus zu protestieren? Die Sache beginnt zu stinken…
In Europa weisen Berichte darauf hin, dass etwas ähnliches passiert ist. Die größte #DeleteArticle13-Kundgebung in Berlin hatte weniger als 150 Teilnehmer. Wo sind all die Millionen von Menschen, die Tweets und E-Mails an die EU-Parlamentarier geschickt haben und diese angerufen haben?
Die einfachste Erklärung ist, dass die meisten Online-Protestler nicht wirklich existieren.
Fake, Fake, Fake. Eine reine Fälschung.
Es kommt noch schlimmer: New/Mode hackt Printmedien
Aber vergessen wir Kanada und die EU für einen Moment. Das Ding, das mich wirklich schockiert hat, war dieses Werkzeug, das es einem kleinen Team von Einzelpersonen ermöglicht, einen „Leserbrief“ an jede Lokalzeitung in den USA zu schreiben.
Diese Leute von OpenMedia wissen ganz genau, dass sie nichts Gutes im Schilde führen. „Wähle aus zufälligen Betreffzeilen und Inhalten, um den Redakteuren eine authentische Originalgeschichte zu liefern.“ Das ist reine Schleichwerbung. Nein, das nehme ich zurück. Es ist reine Scheiße. Und sie verarschen unsere Demokratie auf einer sehr lokalen Ebene. Wie sich herausstellt, sind die Kanadier überhaupt nicht nett.
Sie haben sogar damit angegeben und Robo-Briefe verlinkt, die in Kleinstadtzeitungen veröffentlicht wurden. Was stimmt mit diesen Leuten nicht?
Mich hacken? HACK DICH SELBST!
Nur um zu demonstrieren, wie verrückt das ist, habe ich den Leserbrief zur Netzneutralität umfunktioniert. Ich ersetzte den Text durch meinen eigenen und schickte den folgenden Brief an jede Kleinstadtzeitung in Oregon. Das dauerte vielleicht 5 Minuten. Der Witz im Brief ist, dass Senator Ron Wyden aus Oregon einen Gesetzesentwurf vorgeschlagen hat, um das Hacken von Wahlen auf Bundesebene durch die Anordnung von Papierwahlen zu verhindern. Das Problem ist, dass Wyden eindeutig keine Ahnung davon hat, wie unsere Demokratien gehackt werden sollen. Unsere Demokratien werden durch hybride Techniken der Informationskriegsführung gehackt werden. NICHT durch Wahlmanipulation. Die Erzeugung von gefälschten Basisbewegungen (Grassroots-Movements) und Desinformation ist das, an dem unsere Demokratie verrecken wird. OpenMedia.org und New/Mode setzen bereits die Werkzeuge ein, die unsere Demokratie töten werden. Aber angesichts der Tatsache, dass Wyden manchmal als „der Senator von Google“ bezeichnet wird, erwartet nicht, dass er etwas dagegen unternimmt. (Auch Google und Oregon? Siehe hier)
Oh, und Krist Novoselic ist der ehemalige Bassist von Nirvana. Und er hat politische Ambitionen. Siehe sein Buch.
Schlimmer als Senator Ron „Hedgefonds in meinem Keller“ Wyden kann es nicht werden.