Vergangenes Wochenende am 20. und 21. September fand der Kongress für Datenschutz, Netzpolitik und digitale Freiheitsrechte im Gartenpalais Schönborn statt. Da die dort behandelten Themen eng bei den Kernthemen der Piratenpartei angesiedelt sind, ließ es sich der ÖDV – Exodus nicht nehmen, dort auch vorbeizuschauen. Laut Kongress-Webseite waren diese Themen:
- Datenschutz / Privatsphäre
- Überwachung
- Vorratsdatenspeicherung
- Fluggastüberwachung / PNR
- ACTA und seine Erben
- Urheberrecht
- Netzneutralität
- Informationsfreiheit
- Open Data
- Freie Infrastrukturen
- sowie weitere Themen aus den Bereichen Netzpolitik, Datenschutz und unserer digitalen Freiheitsrechte.
Ist eigentlich nichts dabei, was nicht mit den Kernthemen der Piratenpartei zu tun hat. Also mit den ursprünglichen Kernthemen, abseits von Gender, Political Correctness und BGE. So begab es sich auch, dass insgesamt 4 Piraten zugegen waren, sogar ein Bundesvorstand ist gekommen. Bei einer geschätzten Besucherzahl von 30 – 40 (die Vortragenden mal herausgerechnet) schaffte es die Piratenpartei somit immerhin, 10 % der Anwesenden zu stellen. Nicht schlecht!
Der erste Vortrag, der besucht wurde, war vom Veranstalter selbst, Andreas Krisch, und handelte über „Datenschutz – Rechtsdurchsetzung“. Leider nur die letzten 10 Minuten davon mitbekommen, aber gleich startete der nächste Vortrag von Erich Möchl mit dem Titel:
ECHELON-Station Königswarte – Vortrag mit aktuellen Fotos aus luftigen Perspektiven
Bei diesem Vortrag ging es um NSA-Einrichtungen in Wien sowie um die Königswarte an der Grenze zur Slowakei, und um den Umstand, dass sich dort eine ECHELON-Station der US-Regierung befindet, um Daten von Satelliten abzugreifen.
Zuerst ging es aber um die drei NSA-Niederlassungen in Wien:
- US-Botschaft in der Boltzmanngasse
- NSA-Villa in Währing
- Die obersten 3 Stockwerke des IZD-Towers in der Donau-City. (US-Vertretung bei den Vereinten Nationen)
Anhand von Fotos dieser drei Einrichtungen wurde gezeigt, dass verdächtige Wartungshäuschen auf dem Dach rumstehen. Und viele Antennen. Deshalb benötigt man auch zwischen diesen 3 Standorten Sichtkontakt, um eben ein performantes Breitbandnetz dazwischen aufbauen zu können. Im obigen Bild sieht man die Antennenreichweite der NSA-Villa, die sowohl den 9. Bezirk (US-Botschaft) als auch den 22. Bezirk (IZD-Tower) abdeckt.
Dann wurde noch über den TIER-B Status gesprochen, welchen Österreich bei der NSA einnimmt und der uns höher listet als die Hälfte der NATO-Staaten, und das, obwohl Österreich ja eigentlich neutral ist. Auf dem Papier zumindest. Noch jedenfalls. Weiter gings mit der Königswarte. Auch hier kamen zahlreiche Bilder, auf denen vor allem Antennen-Equipment zu sehen ist. Auch soll die Königswarte über ein unterirdisches Rechenzentrum verfügen, welches am Glasfasernetz hängt, um die ganzen Daten verarbeiten zu können, die über diese ECHELON – Station von Satelliten abgesaugt werden. Erich Möchel betonte, dass dort so teures Equipment rumsteht, dass man davon ausgehen kann, dass die Königswarte nicht vom finanzmaroden Österreichischen Bundesheer betrieben wird.
FragDenStaat.at und das Amtsgeheimnis – die ersten eineinhalb Jahre
Tanja Malle und fin vom Standard stellten ihr Projekt fragdenstaat.at vor und berichteten von ihrer Erfahrung, wie schwer es in Österreich sein kann, den Staat zu Transparenz zu bewegen. Ähnlich wie die Anfragen unter dem Freedom Of Information Act in den Vereinigten Staaten von Amerika sollen über die Webplattform Anfragen an die Bundesministerien und die Landesregierungen gestellt werden können. Mehr Möglichkeiten sollen bald folgen, da sich das Projekt erst in einer Anfangsphase befindet.
Anschließend fand noch ein Workshop mit den Beiden statt, wo gemeinsam Anfragen an den Staat herausgearbeitet wurden. Vorschläge wären zum Beispiel:
- Wie hoch belaufen sich die Kosten aus Steuergeldern für den Schutz der Bilderberger-Konferenz 2015 in Telfs, Tirol?
- Wie setzt sich die Finanzierung der Wiener Linien genau zusammen?
- Wer finanziert und betreibt das Equipment auf der Königswarte?
- Wieviel zahlt die Republik Österreich an Lizenz- und Schulungskosten an Microsoft?
Diskussion mit den neuen EU Parlamentarier_innen
Die Diskussion mit den neu gewählten EU-Parlamentariern war so lala. Obwohl bei jeder Partei jemand angefragt war, haben im Vorfeld nur 3 Personen zugesagt. Diese waren:
- Angelika Mlinar [NEOS]
- Michel Reimon [GRÜNE]
- Josef Weidenholzer [SPÖ]
Von diesen 3 geladenen Personen ist jedoch nur eine einzige aufgetaucht, Michel Reimon von den Grünen. Josef Weidenholzer ließ sich durch seine Büroleiterin in Brüssel, Rebecca Kampl, vertreten. Für Angelika Mlinar kam Stefan Windberger, der es als Listenzweiter der NEOS fast ins EU-Parlament geschafft hat.
Themen waren Netzneutralität, TTIP … ja, eigentlich überhaupt Netzpolitik an sich und überhaupt. Offiziell ist in der EU niemand gegen Netzneutralität, über Spezialdienste wird die dann aber hintenrum ausgehebelt, wie zum Beispiel durch netflix. Mit Öttinger als EU-Digital-Kommissar war von den Anwesenden auch niemand glücklich. Dementsprechend „spannend“ waren die Antworten des Berufspolitikers und der Assistenten und es wurde während der Diskussion schnell in den Workshopraum zum oben erwähnten FragDenStaat.at – Workshop gewechselt.
[do:index] Offenheit ranken? Der digitale Offenheitsindex
Walter Palmetshofer stellte in diesem Workshop die Ergebnisse des schon am DNP13 vorgestellten Offenheitsindex vor. So wurden Linz, Innsbruck, Graz, Wien und Salzburg auf fünf Eigenschaften abgeklopft, die da wären:
- Open Data
- Open Source
- Open Infrastructure
- Open Policy
- Open Education
Dieser Index soll auch ein Anreizsystem für Städte bilden, die im Offenheitsindex weiter nach oben kommen wollen und sich so an einem Punktesystem orientieren können, wie sie das erreichen können.
Die Ergebnisse und wie diese zustande kamen finden sich auf der Webseite des Projekts http://beta.do-index.org/austria/
Datenschutz ist wie die Frauenquote
Der Vortrag von Julia Schramm wollte die beiden Begriffe in Relation setzen. Irgendwie ging es um das Geschlecht von Bäumen, dass Eichen „männlich“ und „deutsch“ wären, wohingegen Pappeln eher mit „weiblich“ und „Frankreich“ assoziiert wurden. Eigentlich wären Datenschutz und Frauenquoten Feigenblätter, die Armut produzieren. Es wurde auch nach einem feministischen Ansatz im Datenschutz gefragt, gefunden, bzw. beantwortet wurde diese rethorische Frage hingegen nicht.
Als Beispiel wurde noch #TheFappening hinzugezogen, wo es der feministische Ansatz wäre, soetwas von vorneherein als uncool zu betrachten. Also, dass die Betreiber der Plattformen, auf denen diese Bilder gepostet wurden, einfach verweigern, diese zu hosten.
Ein Beispiel aus der deutschen Piratenpartei wurde hervorgekramt, wo jemand einen Twitterbot schrieb, der so eine Art linksradikale Datenbank anlegte, die dann auf Nazi-Seiten verbreitet wurden und dann Schlägertrupps vor Haustüren standen.
Als zum Schluss nur eine Frage zum Vortrag kam machte die Vortragende die Gegenprobe und fragte beim Publikum nach, wer denn das, was er gerade gehört hat, als kompletten Schwachsinn bezeichnen würde. Hier ging jedenfalls mehr als eine Hand in die Höhe.
Netwatcher Privacy Quizshow (DNP14 Special Edition)
Hier war die Piratenpartei Legion. Kunststück, leider haben bis auf 2 Personen die von Manfred Krejcik gut vorbereitete Quizshow verlassen, sodass auf der Bühne ein Team von zwei Piraten gegen ein Team von 2 Piraten antrat. Was soll man sagen? Gewonnen haben die Piraten. Verloren aber auch.
Garish / Kurt Razelli statt Metalab
Statt zur Afterparty im Metalab gings ins Haus der Musik zu Garish und Kurt Razelli. Dies könnte auch der Grund dafür sein, dass beim zweiten Tag nur der Nachmittag hier abgehandelt wird.
Die Initiative für Netzfreiheit – Vorstellung und Arbeitsweise einer netzpolitischen NGO in Österreich
Josef Irnberger und Martin Asmus haben in diesem Workshop ihren Verein vorgestellt. „Irgendwie“ aus der Piratenpartei 2010 / 2011 hervorgegangen, beschäftigt sich dieser mit Netzpolitik, Urheberrecht und Datenschutz. Die erfolgreichen ACTA-Proteste wurden herausgestrichen und die generelle Arbeitsweise vorgestellt.
Man sucht neue Mitglieder, zur Zeit gibt es sieben, aber auch Geld kann man spenden, wenn man sich nicht engagieren möchte. Der Verein betreibt das Prinzip der Duocracy, was bedeutet, dass ein neues Thema erst dann angegangen wird, wenn sich mindestens zwei Personen gefunden haben, die sich dafür interessieren.
Schwerpunkt Datenverarbeitung im Alltag: Energiedaten
Andreas Theurer sprach in diesem Vortrag unter anderem über die Einführung der Smart Meter, also über den digitalen Stromzähler, und welche Erfahrungen damit in anderen Ländern gemacht wurden.
Nachdem man sich eigentlich den gesamten Vortrag hindurch fragte, ob Herr Theurer nun für oder gegen die Einführung der neuen intelligenten Stromzähler ist, beantwortete er diese Frage am Ende des Vortrags selbst, indem er die drei notwendigen Punkte aufzählte, die man für eine erfolgreiche Einführung der Smart Meter braucht:
- Akzeptanz, Vertrauen und Verständnis der Bevölkerung
- Zeit
- Geld
Schwerpunkt Datenverarbeitung im Alltag: Datenschutz in der Arbeitswelt im Licht der europäischen Politik
Christian Wachter behandelte aus der Sicht des Betriebsrates den Beschäftigtendatenschutz. Sein Fazit: Es gibt zuviel Überwachung am Arbeitsplatz und man muss zwischen betriebsrelevanten und unrelevanten Daten unterscheiden.
Datenschutzfreundliche Soziale Netzwerke: spontan und kurzlebig
Robert Riemann forscht zur Zeit in Frankreich an dezentralen sozialen Netzwerken, die sich peer-to-peer über WLAN verbinden, sodass man keinen Server benötigt. Ein weiterer Vorteil der MANets (Mobile Ad-Hoc Networks) ist, dass sich ein solches Netzwerk von selbst skaliert. Im Augenblick wird an einer HTML5 Browser-App gebastelt, die ein Soziales Netzwerk auf Basis eines MANets realisiert.
Diskussion über Datenverarbeitung im Alltag
Die letzte Veranstaltung des Tages. Die Keynote-Speaker vom Nachmittag, Andreas Theurer, Christian Wachter und Ernest Pichlbauer führten eine Diskussion, die von Sarah Kriesche moderiert wurde.
Hier wurden nocheinmal die Themen vom Nachmittag angesprochen (ELGA, Smart Meter und der Beschäftigtendatenschutz). Bei ELGA sei das vermeintliche Datenschutzproblem ein Feigenblatt, das dem Streit zwischen dem Gesundheitsministerium und der Ärztekammer vorgeschoben wird. Beim Krankenanstaltenverbund KAV lägen alle Patientendaten unverschlüsselt rum, die E-Mails zwischen Ärzten und Krankenhäusern gehen alle unverschlüsselt herum. e-health führe überhaupt zu einer 2-Klassenmedizin. Smart Meter braucht man auch nicht überall. Beschäftigtendatenschutz ist wichtig. Vielen Dank an Andreas Krisch für das Organisieren dieser gelungenen Konferenz.